Im Klimawandel benötigen Forstbetriebe Freiheit und keine Abenteuer

Im Klimawandel benötigen Forstbetriebe Freiheit und keine Abenteuer

Begleitend zu den Diskussionen zur Neufassung des Bundeswaldgesetzes übergab der Wissenschaftliche Beirat für Waldpolitik am 26. Januar einen Vorschlag an Cem Özdemir, den zuständigen Bundeslandwirtschaftsminister. Kernpunkt des Vorschlags ist eine „faire Lastenverteilung“, die auf rechtlichen Mindeststandards der Waldbewirtschaftung aufbauen soll. Die Wissenschaftler kritisierten damit die in diesem Zusammenhang oft diskutierte „Gute fachliche Praxis“. Die Betriebsleiterkonferenz (BLK), die Vertretung der privaten Erwerbsforstbetriebe innerhalb des Verbandes „AGDW – Die Waldeigentümer“, bewertet den Vorschlag kritisch.

Es bedarf schon einer gewissen Chuzpe, hinter dem wohlklingenden Postulat einer „neuen Lastenverteilung zwischen Waldeigentümern und Gesellschaft“ die Lösung der aktuellen Waldkrise zu sehen. Das wiederum aber scheint dem Wissenschaftlichen Beirat für Waldpolitik (WBW) mit seinem Vorschlag „Mehr als gute fachliche Praxis“ vom Dezember 2022 zu gelingen.
Unstrittig ist dabei, dass auf die Waldeigentümer erhebliche Mehrbelastungen zukommen, um die Waldbestände auf der Fläche überhaupt zu erhalten,indem Waldumbau betrieben wird und mit breiter Streuung des Risikos (Baumartenwahl, Bewirtschaftungsmethoden) auch weiterhin die Leistungen des Waldes erhalten bleiben. Zu erinnern ist daran, dass mehr als 500 000 ha entwaldete Flächen wieder in Bestockung genommen werden müssen. Mit welchen Baumarten? Mit welchem Geld?
Allgegenwärtig ist die Erosion des bisher im Bundeswaldgesetz (BWaldG) fixierten Dreiklangs von Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion. Die jeweilige Prioritätensetzung oblag dem Eigentümer bzw. ergab sich aus der Natur der Sache. Neuerdings wird, wie zuletzt vom Vorsitzenden der Forstchefkonferenz, eine neue Reihenfolge der klassischen Waldfunktionen propagiert, indem die (Holz-)-Nutzungsfunktion – heute zur dauerhaften CO2-Bindung wichtiger denn je – ans Ende des Dreiklangs gesetzt wird. Damit droht die Gefahr, die verantwortlich wirtschaftenden Waldeigentümer an die Infusion staatlicher Programme anzuklemmen, von denen wir wissen, dass sie ideologischen Modeerscheinungen, tendenziellem Eigentumsverzicht und dem Zustand der öffentlichen Haushalte ausgeliefert sind. Infusionen können zudem sehr schnell beendet werden, zumal wenn der „Patient“ die Medizin nicht verträgt.
Und was verbirgt sich denn hinter „gesellschaftlich erwünschter forstlicher Praxis“, wie es im Leitgedanken des Beirats heißt? Etwa auch die Ökologiepflichtigkeit des Eigentums, die die Nichtregierungsorganisationen (NGO) fordern? Wer sitzt auf der anderen Seite des Tisches, wenn von den Waldeigentümern der „gesellschaftlich getragene Konsens“ zur Fundamentaländerung der Waldbewirtschaftung gefordert wird? „Die“ Gesellschaft sicherlich nicht, sondern die allseits bekannten Verbände mit ihrer – nicht immer – vor- handenen aber stets behaupteten Fach- und Sachkenntnis; siehe dazu z. B. das starre Festhalten an der Buche als der waldbaulichen Heilsbringerin, das Negieren der positiven Leistungen der Douglasie hinsichtlich ihres unschlagbaren CO2-Bindungsvermögens und das Primat des staatlichen Regelwerks. Allein schon der Disput um die Begrifflichkeiten „standortheimisch“ (Postulat der grünen NGO) und „standortangepasst“ (Vorstellung der Waldeigentümer) macht deutlich, welchen Problemen wir gegenüberstehen.
Der Vorschlag des Beirats gaukelt zudem eine breite, offene Diskussion der Mindeststandards vor, die die Regionalität, Flexibilität und Individualität der Waldeigentümer sicherstellen soll. Folgerichtig verlagert der Wissenschaftliche Beirat die Ausfüllung der Mindeststandards auf die Länderebene, wenn es heißt „Mutmaßlich sind die Waldgesetze der Länder der richtige Ort für die Konkretisierung der vorgeschlagenen Mindeststandards“.
Das bedeutet aber auch, 13 Einfallstore für ideologieimmanenten Waldbau zu öffnen und die Waldbauern dem Konvolut aus hoffentlich (?) liberalen Bundesstandards und restriktiven Landesregelungen auszuliefern.
Allerdings ist eine „ausreichende Eigentümerautonomie“ gerade für die privaten Erwerbsforstbetriebe noch nicht ausreichend. Um den Klimawandel mit und durch den Wald zu bremsen, benötigen unsere Betriebe mindestens „gute“ Rahmenbedingungen! Das bedeutet in allererster Linie wirtschaftliche und waldbauliche Handlungsfreiheiten.
Denn es darf nicht vergessen werden, dass Wald und seine Eigentümer nicht die Ursache des Klimawandels sind und waren, sondern ein Teil der Lösung sein können und müssen. Insofern ist es nicht unfair, Bedingungen im Sinne des § 41 BWaldG zu fordern, die nicht automatisch mit eigentumsnegierenden Politikansätzen und regulatorischem, naturschutzorientiertem Waldbau verbunden sind. Dabei bedeutet Autonomie eben auch, im Rahmen des Art. 14 GG über sein Eigentum selbst entscheiden zu können.
Am Ende gibt der Wissenschaftliche Beirat ernstzunehmende Anregungen, ohne das Konfliktpotenzial bei Findung des gesellschaftlichen Ausgleichs zu benennen, und lässt die Frage entstehen, warum das BWaldG so grundlegend geändert werden muss – außer dass dies die Bedingung einer Partei und damit der Kotau vor ihrer Klientel im Koalitionsvertrag war. Geht es also auch bei der guten fachlichen Praxis in Wahrheit nur um Machtspiele und Verteilungspolitik und gar nicht um die Sache? Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Thies Völker, Referent für die BLK bei der AGDW

 

 

 

 

Streichung der Mittel für Waldbrandprävention gefährdet Deutschlands Wälder

Streichung der Mittel für Waldbrandprävention gefährdet Deutschlands Wälder

Der AGDW-Verband hat eindringlich davor gewarnt, die Mittel für die Waldbrandprävention zu streichen. AGDW-Präsident Prof. Andreas Bitter forderte die Bundesregierung auf, die bisherige Förderung von Maßnahmen zur Waldbrandvorbeugung über das Jahr 2023 hinaus fortzusetzen. Der deutsche Wald sei nach vier Jahren Trockenheit stark geschwächt und anfällig, nur noch jeder fünfte Baum sei gesund. Es sei absurd, dass die Förderung nach dem verheerenden Waldbrandsommer 2022 auslaufen solle. Stattdessen sollten die notwendigen gezielten Präventionsmaßnahmen intensiviert werden, so Bitter. Eine gesellschaftliche finanzielle Unterstützung des Waldumbaus und der Waldbrandvorsorge sei dringend notwendig. Dazu sei insbesondere eine Fortführung der GAK-Förderung über das Jahr 2023 hinaus erforderlich. Die bisherige Förderung des Waldbrandschutzes sei vor allem Ländersache und konzentriere sich auf Einzelmaßnahmen.

Im Jahr 2022 fielen allein in Deutschland 4.293 Hektar Wald Großbränden von mehr als 30 Hektar zum Opfer. Die verbrannte Fläche war fast fünfmal so groß wie der Jahresdurchschnitt von knapp 914 Hektar seit 2011. Auch die Schäden erreichten 2022 ein Rekordniveau: Der Gesamtschaden für Gesundheit, Natur und Wirtschaft lag bei deutlich über 600 Millionen Euro.

Entscheidend für eine erfolgreiche Waldbrandbekämpfung ist laut internationalen Studien vor allem die Prävention. Ein klimaresilienter Waldumbau mache die Wälder auch widerstandsfähiger gegen Waldbrände. Die Maßnahmen seien identisch: Reinbestände müssten in strukturreiche Mischwälder mit hohem Laubholzanteil umgewandelt werden. Bisher besteht noch rund ein Viertel des deutschen Waldes (2,85 Millionen Hektar) aus Fichten- oder Kiefernreinbeständen. Um diese Bäume vor Trockenheit, Borkenkäfer und Waldbrand zu retten, müssten sie dringend mit anderen Baumarten und Laubhölzern wie Buche und Eiche gemischt werden. Bisher würden in Deutschland jährlich nur knapp 25.000 Hektar umgebaut, das seien gerade einmal 2,3 Promille der gesamten Waldfläche in Deutschland (10,7 Millionen Hektar). Die Umbaufläche müsse mindestens vervierfacht und auf 100.000 Hektar oder 1 Prozent der Waldfläche erhöht werden, forderte Bitter. Die Kosten für den klimaresilienten Waldumbau lägen im Durchschnitt zwischen 5.000 und 15.000 Euro pro Hektar. Private Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer könnten dies nicht alleine finanzieren.

„Sehr besorgt“ zeigte sich Bitter über die aktuellen Tendenzen in der gesellschaftlichen Waldförderung. Entscheidend sei die GAK-Förderung für die Wiederaufforstung.

 

 

 

 

Waldzustandserhebung 2022: Deutsche Wälder weiterhin in schlechtem Zustand

Waldzustandserhebung 2022: Deutsche Wälder weiterhin in schlechtem Zustand

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir stellte am internationalen Tag des Waldes den Waldzustandsbericht 2022 vor, der von Inventurteams der Bundesländer im Sommer erhoben wurde.

Der Bericht zeigt, dass der schlechte Zustand des Waldes alle Hauptbaumarten (Fichte, Kiefer, Buche, Eichen) betrifft. Im Jahr 2022 hat sich der Anteil der Bäume mit deutlichen Kronenverlichtungen nicht verbessert, sondern bleibt unverändert bei 35 %. Besonders betroffen sind weiterhin ältere Bäume über 60 Jahre, von denen 42 % deutliche Schäden aufweisen. Auch Bäume unter 60 Jahren sind von negativen Trends betroffen. Die Absterberate stieg 2022 bei Fichten auf einen neuen Rekordwert von 4,4 %, während Buchen und Eichen auch unter Hitze- und Trockenstress leiden. Die mittlere Kronenverlichtung aller Bäume bleibt bei ähnlich hohem Niveau wie in den Vorjahren. Laub- und Nadelbäume sind unterschiedlich betroffen, wobei Buche und Eiche seit 2020 von der Fichte überholt wurden. Der Zustand der Kiefer verschlechtert sich seit 2016 kontinuierlich und erreichte 2022 einen traurigen Rekord.

 

200 Mio. Euro für „Klimaangepasstes Waldmanagement“ in 2023

200 Mio. Euro für „Klimaangepasstes Waldmanagement“ in 2023

Für das Programm „Klimaangepasstes Waldmanagement“ stehen im Jahr 2023 nun 200 Millionen Euro zur Verfügung. Seit dem Start des Programms am 12. November letzten Jahres sind bereits rund 7.350 Anträge für eine Fläche von etwa 910.000 Hektar eingegangen. Dies entspricht etwa 12 Prozent der 7,6 Millionen Hektar Fläche des Privat- und Körperschaftswaldes. Das Bundeslandwirtschaftsministerium BMEL bereitet derzeit die Aufhebung der Fördergrenze für die Forstbetriebe vor. AGDW-Präsident Prof. Andreas Bitter wies am Donnerstag in Berlin darauf hin, dass mit dem Wegfall der Förderbegrenzung das Förderprogramm auch für Körperschafts- und größere Privatbetriebe attraktiver werden dürfte und einen neuen Antragsschub erleben könnte. Die AGDW empfiehlt daher allen interessierten Waldeigentümern, schnell einen Antrag zu stellen, da das Programm auf eine jährliche Fördersumme von 200 Millionen Euro begrenzt ist.

Der Haushaltsausschuss hat die Regierung aufgefordert, für Anträge, die zum Zeitpunkt der Antragstellung alle Fördervoraussetzungen erfüllen, einen vorzeitigen Maßnahmenbeginn zuzulassen. Für die Antragsteller bedeutet dies, dass für die Berechnung der Förderbeträge das Datum der Antragstellung zählt und nicht erst das Datum der Bewilligung. „Wir haben uns sehr für diese faire und transparente Lösung eingesetzt, denn es darf nicht sein, dass die Waldeigentümer von der Bearbeitungszeit des Antrags abhängig sind“, sagte Bitter.

 

„Neue Lastenverteilung zwischen Waldeigentümern und Gesellschaft“

„Neue Lastenverteilung zwischen Waldeigentümern und Gesellschaft“

Der Wissenschaftliche Beirat für Waldpolitik (WBW) betont in seinem in Berlin vorgestellten Positionspapier Mehr als „gute fachliche Praxis“ die Wichtigkeit der „Vielfalt des Waldes und der Eigentümer“ und lehnt daher die Einführung weiterer Mindeststandards der Waldbewirtschaftung im Bundeswaldgesetz ab. Stattdessen empfiehlt der WBW eine „gesellschaftlich erwünschte forstliche Praxis“, die auf einem breiten Instrumentenmix basiert, der neben den rechtlichen Mindeststandards auch verschiedene Förder- und strukturelle Instrumente, geeignete Informationen sowie Rahmenbedingungen für Kooperationen umfasst. Der WBW begrüßt ausdrücklich die Ablehnung weiterer Mindeststandards in der Novellierung des Bundeswaldgesetzes und betont die Wichtigkeit einer Offenheit, um zukünftige Handlungsspielräume nicht einzuschränken. Die Bewirtschaftungsintensitäten der Forstbetriebe und die Bedeutungen der Ökosystemleistungen sind regional und lokal sehr unterschiedlich, daher sollten pauschale Anforderungen vermieden werden. Der WBW fordert stattdessen eine aktive Unterstützung der Diversität der Waldstrukturen und Formen der Waldbewirtschaftung durch den Einsatz aller verfügbaren Instrumente, einschließlich angepasster Wildtierbestände, Vermeidung von Kahlschlägen und Waldumwandlungen sowie der Sicherung der genetischen Vielfalt. Der WBW schlägt vor, dass die Konkretisierung der Mindeststandards in den Waldgesetzen der Länder erfolgen sollte, und betont, dass gesellschaftliche Erwartungen, die über diese Mindeststandards hinausgehen, durch finanzielle Mittel oder partnerschaftliche Ansätze unterstützt werden sollten.